17.05.2011, Scholz zwischen teuren Versprechen und leeren Kassen

BILD Hamburg

Ordentlich regieren will er, solide, verlässlich und berechenbar. Damit ist Hamburgs Erster Bürgermeister angetreten. Kriegt er das hin? Nach den ersten 70 Tagen kann ich nur sagen: es wird schwierig. Auf der einen Seite seine teuren Wahlversprechen: Kitas kostenlos, Studiengebühren abschaffen, kostenlose Nachhilfe für bedürftige Schüler. Dazu schnellstmöglich 6000 günstige neue Wohnungen bauen.

Auf der anderen Seite die dramatisch schlechte Haushaltslage der Stadt: Der Schuldenberg wird 2014 bei 28 Milliarden Euro liegen. Schon jetzt müssen jährlich 500 Millionen Euro eingespart werden. Das würde aber nur das Tempo der Neuverschuldung verlangsamen. Dazu existiert bis jetzt noch kein rechtsgültiger Haushalt. Nur eine provisorische „vorläufige Haushaltsführung.“ Spargerüchte wabern in der Stadt- aber keine harten Zahlen. Denn den schwarzen Peter hat der Bürgermeister den Fachbehörden zugeschoben. Die seien für die Einsparungen verantwortlich. Gerade aber hier ist der Chef gefordert. Denn wir Bürger wollen Klarheit: wo wird gespart? Wie kommt neues Geld in die Kassen?

Sicher: Airbus und der Hafen segeln im Aufwind, hier entstehen Arbeitsplätze und zusätzliche Steuereinnahmen. Wie überhaupt die Mai- Steuerschätzung mehr Geld in den Staatssäckel bringen wird. Das darf aber jetzt nicht sofort wieder verfrühstückt werden ! Dass Kinder Nachhilfe bekommen sollen ist wichtig und richtig. Die Hälfte der 7,8 Millionen Euro dafür kommt übrigens aus Berlin vom Bildungspaket. Dass die höchsten Kitagebühren in Deutschland runtergefahren werden macht Sinn und hilft den jungen Familien in der Stadt. Warum aber die Studiengebühren abgeschafft werden und dann ein Loch von 34 Millionen Euro klafft, erschließt sich mir nicht. Das Modell für finanziell nicht so starke Studenten durch Kreditaufnahme und spätere Rückzahlung im Beruf ist fair. Schließlich werden sie nach dem Studium auch allesamt mehr verdienen.

Gut, dass die Stadtbahn gestoppt wurde. Nicht nur, weil zwei Drittel der Hamburger sie nicht wollten, sondern vor allem weil sie viel Geld gekostet hätte. Aber Olaf Scholz muss auch seinen Haushalt auf andere nicht notwendige Projekte durchforsten. Brauchen wir eine HafencityUniversität? Welche Behördenumzüge machen Sinn? Wie könnten leer stehende Büroflächen durch die Stadt genutzt werden und so die Betriebskosten spürbar gesenkt? Fachleute glauben dass hier ein Sparpotential von 250 bis 300 Millionen Euro mobilisiert werden könnte.

Ein heikles Thema sind die Steuereinnahmen. 150 mehr Steuerprüfer bringen 150 Millionen mehr Steuern . Das ist eine Milchmädchenrechnung, die andere Bundesländer längst erfolgreich aufgemacht haben. Warum nicht auch Hamburg? Wenn Olaf Scholz seine Wahlversprechen halten möchte zum anderen aber verantwortlich regieren und wirtschaften will, wird es genau darum gehen: was gibt er wo aus und wo bekommt er wie viel wieder rein. Die Bürger werden ihn daran messen.