24.03.2014, Anreise mit Hindernissen

Tagebuch Nr. 1 aus dem Kongo

 

Es schüttet, als würde eine Monsterwelle auf das Land herunterdonnern. Ich riskiere nachmittags aber nur ein Auge, sehe meinen Mann den Regen fotografieren und schlafe selig weiter. Endlich im Bett. Nach 26 Stunden Flugreise und  unendlichen Wartezeiten.

Hamburg-Istanbul noch sehr angenehm. Abends mit Turkish Airlines weiter nach Kigali. Leider können wir beide die Beine nicht ausstrecken, da unsere Sitze direkt hinter der Wand zur Business-Class liegen. So what- ich lese. Um 1.20 Uhr morgens Ankunft auf einer asphaltierten Landebahn. Und schnell weiter ins Hotel. Um 7 Uhr früh geht es schon weiter mit Rwanda Airlines nach Gyangugu/ Kamemba. Mein Mann kann gar nicht schlafen, was sich als Glücksfall erweist. Denn wir haben vergessen unsere iphones und die Weckzeit um 5.10 Uhr auf Kigali-Time umzustellen...so hätten wir beinah verschlafen, und den Flug verpasst. Das war aber erst der Anfang des ersten Tages. Am Flughafen nach strengster Sicherheitskontrolle stellt der freundliche Steward am Check-in fest: wir sind gar nicht auf der Maschine...whow! Jetzt wieder raus aus dem Sicherheitsbereich, zum Ticketschalter, noch schnell zwei extrem teure Tickets lösen, wieder: Schuhe aus, Gürtel runter, Laptop und Ipad, Bauchtasche mit dem Geld und alles wieder durch den Scanner. Der Flug ist bereits abgeschlossen. Aber die sonst als streng bekannten Rwanda-Airlines-Mitarbeiter sind nett: wir kommen noch mit und ich sinke schweißgebadet in den Sitz der niegelnagelneuen Bombardier.

Abflug? Nein- noch nicht. Der Pilot gesteht, er habe ein „balance- and- weight-problem“. Sechs Gäste dürfen in die Business-Class. Dann endlich hebt  der Flieger ab in die dichten Wolken.

Gyangugu ist noch auf der ruandischen Seite. Wir warten gefühlte Ewigkeiten auf das Gepäck. Mein Mann, der Ex-Pilot, schüttelt dauernd den Kopf- warum nur? Er versucht die sichtbar immens schweren Pakete mit Baumaterial zu zählen, das zuerst vor dem normalen Gepäck  aus der Maschine geladen wird. “Nie und nimmer wäre ich eingestiegen, wenn ich gesehen hätte, wie überladen die Maschine ist..“ GottseiDank sieht er es erst nach der Landung.

Berta Travieso von UNICEF Bukavu holt uns mit einem UNICEF-Auto und dem Fahrer ab, geleitet uns geschickt mit wohl besten Beziehungen durch die kongolesische Grenzkontrolle. Eine kleine Holzbrücke verbindet die immer noch verfeindeten Länder. Ruanda, oder Rwanda, wie sich das Land nennt, erscheint sauber, wohlgeordnet. Mit ordentlich asphaltierten Straßen und angepflanzten Feldern. Der Kongo- das pure Gegenteil. Die Straßen kann man nicht wirklich so nennen. Eher britische „pumps“, von Loch zu Loch. Lange Menschenschlangen hüben und drüben. Frauen mit großen Gepäckstücken auf ihren Köpfen, einem großen Glas voller Eier, aber auch Baumaterialien, Kleidung, eben alles, was so gekauft verkauft werden kann.  Die Einheimischen haben nur einen kleinen weißen Zettel, den sie den total überforderten Beamten  hinauf in die Fenster reichen zum abstempeln. Wir füllen längere Immigration-Papiere aus, zusätzlich zu den Visa die wir schon in Berlin an der kongolesischen Botschaft erhalten haben. Gegen 75 Euro. Nach der vermeintlich dringend geforderten Gelbfieberimpfung fragt keiner.....

Ich bekomme allmählich Kopfschmerzen. Wir hatten auch noch kein Frühstück. Ein Kaffee wäre bald die Rettung....

Berta  bringt uns an einen Luxus-Platz direkt am Kivu-See: Das Orchid Hotel. Nie hat mir ein Frühstück besser geschmeckt. Danach falle ich ins Bett- und der afrikanische Monster-Regen lullt mich ein, wie ein kleines Kind.

Heute kommt noch Ndiaga von UNICEF Goma, der Communication Manager. Dann besprechen wir unsere Pläne für die Interviews. Die tropischen Pflanzen wiegen sich im jetzt leichteren Regen. Wie es den rund 800 000 Flüchtlingen hier in der Gegend gehen mag, bei diesen Wassermassen, in ihren vermutlich nicht regendichten Hütten? Ich bin gespannt auf die Geschichten und Schicksale. Auf die Hilfsprogramme von UNICEF und WorldVision. Auf den Arzt, der für seinen medizinischen Einsatz für die misshandelten Frauen für den alternativen Friedensnobelpreis nominiert war. Morgen mehr. Zum Kongo, zu den Opfern der Kriege und zur immer noch wirtschaftlich desaströsen Situation. Obwohl das Land von seinen Bodenschätzen her zu den Reichsten der Welt gehört.