13.08.2018, 3Min Gespräch bei Rotary

Anmerkungen zur Flüchtlingsdiskussion in Deutschland

Die Diskussion um Zuwanderung und Asyl spaltet die Menschen. Oft geht der Graben durch die Familien- durch die Freundeskreise. Die einen sagen, das Leid der Welt darf und nicht egal sein, deshalb muss jeder kommen dürfen." So hat es unser Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier formuliert. Die anderen finden: "Wir sind keine Einwanderungsgesellschaft, wir wollen keine werden und deswegen müssen die Leute möglichst draußen bleiben".

Als Journalistin habe ich mich aufgemacht, damals nach dem Sommer 2015, als zu 75 Prozent junge Männer auf der Balkan-Route nach Deutschland kamen. Als 860 ooo Menschen hier Asylanträge gestellt haben, und habe nach den Frauen und Kindern gesucht. Ich fand sie, bis heute übrigens, in den Flüchtlingslagern in Jordanien, im Libanon, in der Türkei und zum Teil auf den griechischen Inseln. 3,6 Millionen Frauen und Kinder.
Die Männer hatten sich auf den Weg gemacht, weil das Welternährungsprogramm seine monatlichen Hilfeleistungen von 26 Dollar auf 13 pro Monat gekürzt hatte.

Die meisten von ihnen sind noch alleine hier, erst seit diesem August gibt es ein Familienzusammenführungsprogramm, für 1000 Menschen pro Monat. Mit hohen amtlichen Hürden. Wie soll denn bitte Integration funktionieren, die wir doch alle fordern, wenn die Männer hier sich Sorgen um ihre Lieben?
Insgesamt leben in Deutschland jetzt 1,6 Millionen Asylsuchende, also Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Geduldete, das entspricht 1/50 der Bevölkerung.
Und wir und die Politiker tun so, als sei das alles nicht zu lösen. Derzeit übrigens stellen rund 1500 Menschen pro Monat einen Asylantrag. Bis jetzt 7 mal 1500 - ist gleich 10 500.

Ich möchte darum an dieser Stelle an unsere Geschichte erinnern: die Genfer Flüchtlingskonvention ist entstanden nach den ungeheuren Verbrechen des Dritten Reiches. In den fünfziger Jahren fehlte es an Arbeitern- es kamen die Gastarbeiter und Tausende blieben. In den 90-er Jahren fanden rund 250 000 Frauen aus dem Bosnienkrieg erst Duldung und dann Bleiberecht. Wenige Jahre später kamen 2,4 Millionen Russland-Deutsche, die noch das Deutsch aus der Zeit Goethes sprachen. So lange waren sie in Russland Fremde geblieben.
Dann hatten wir eine Wiedervereinigung. 16 Millionen DDR-Bürger und 60 Millionen Westdeutsche. Jetzt leben hier 3,6 Millionen Türkisch-Stämmige Menschen, 1,46 Millionen mit einem Doppelpass.

Ich zähle das nur auf, als Beispiele, was wir doch für eine bunte Nation sind, und dass der sicherlich komplizierte Prozess der Integration funktionieren kann. Vor allem, wenn sich die Mehrheitsgesellschaft dazu entscheidet, dass diese Menschen dazugehören und sie dies auch spüren lässt.

Dennoch: wir brauchen ein Einwanderungsgesetz, das unser Grundrecht auf Asyl entlastet. Wir brauchen Flüchtlingskontingente und keine Ankerzentren, in denen die Geflüchteten zu lange festsitzen und keine Zukunft sehen. Ich stimme Frau Merkel zu, wenn sie jetzt beim Besuch des neuen spanischen Ministerpräsidenten feststellt, dass das Dublin-Abkommen nicht funktioniert. Dass es falsch war, Italien, Griechenland und Spanien in der Frage der Einwanderung alleine zu lassen.

Denn in Libyen sitzen laut UNHCR 600 000 Menschen fest und warten auf ein Gummiboot. Marokko ist seit dem Deal zwischen Italien und Libyen der neue Hotspot und die Hauptdurchgangsschleuse für die Schwarzafrikanischen Menschen, fast alles junge Männer, die keineswegs den Kriterien der UN -Flüchtlingskonvention entsprechen. Sie erleiden keine politische Verfolgung, sie kommen aus der afrikanischen Mittelschicht und suchen den Wohlstand in Europa. Geschürt von Fernseh-Bildern und Schleuser-Märchen.

Die Nachricht von bis jetzt schon 1500 Toten im Mittelmeer stört sie dabei nicht. Allein 26 000 sind in den letzten Monaten in Spanien angekommen. Italien mit der neuen rechten Regierung lässt niemanden mehr rein. Die Festung Europa schließt sich immer radikaler. Keiner soll mehr durch.

Mehr denn je ist es hohe Zeit für eine Einigung in der EU. Zumindest unter den "Willigen Nationen". Denn das Grundrecht auf Asyl- und in Syrien ist im 8. Jahr weiterhin Krieg- und die Einhaltung der UN-Flüchtlingskonvention sollten unantastbar bleiben. Auch und vor allem auf Grund unserer Geschichte.
Vielen Dank.